Weitwandern, Radreisen & ein virales Video. Das war 2022! | Newsletter

Uns plagt das schlechte Gewissen. Seit August haben wir euch keinen Newsletter mehr gesendet, dabei hätte es doch so unglaublich viel zu berichten gegeben. Dieses „unglaublich viel“ ist letztendlich auch der Grund für die unerwartet lange Sendepause. Wir hatten einfach alle Hände voll zu tun! Es mag also nach Zufall aussehen, dass wir ausgerechnet zum Jahreswechsel wieder von uns hören lassen. Doch die verbleibenden Tage eines Jahres entfalten auch dieses Jahr wieder ihre bedrohliche Wirkung auf uns, fast so als würden sie uns mit erhobenem Zeigefinger, gespitzten Augenbrauen und finsterem Blick die quälende Frage stellen: „Na, wie viel wertvolle Lebenszeit habt ihr dieses Jahr verschwendet?“ 

Komisch. So geht es uns zu jedem Jahresende. Ein kurzer sentimentaler Moment, in dem uns die Angst überkommt, nichts mit unserer Zeit angefangen zu haben. Wir haben Sorge nicht genug gemacht zu haben, nicht genug erlebt zu haben und ganz generell nicht genug zu sein. Plötzlich sehen wir nur mehr das, was wir nicht gemacht haben, was schlecht gelaufen ist, was uns verwehrt blieb und was gewesen wäre, wenn dieses und jenes besser gelaufen wäre. Aber halt. Wie dumm ist das? Einmal tief durchatmen, Augen schließen und kurz innehalten. Die Gedanken neu sortieren. Haben wir wirklich vergessen, wie viel tolle Momente das Jahr 2022 für uns parat hatte? 

Das Jahr begann in Norwegen, in unserer kleinen Hütte. Den größten Teil dieser Geschichte kennt ihr ja bereits. Doch manchen Lesern unter euch entging womöglich, dass wir hierzu mittlerweile zwei Videos veröffentlichten, wovon eines auf YouTube viral ging. Es ist unser erstes Video mit 1 Million Aufrufe! Für euch ändert das natürlich nichts, aber für uns war es ehrlich gesagt schon sehr aufregend. Schaut euch die beiden Videos sehr gerne an:

Schottland stand nie auf unserer Agenda von 2022. Aber das Schicksal meinte es gut mit uns und so durften wir unverhofft eine unerwartet schöne Ecke Europas kennenlernen, die uns ab dem ersten Tag in ihren Bann zog. Mit den Rädern ging es von den Shetland Inseln, über Orkney bis runter nach Glasgow. Dass wir die Reise wegen unserer Corona-Infektion und einer Reihe weiterer unglücklicher Ereignisse abbrechen mussten, erzählten wir euch bereits in diesem ausführlichen Blogartikel. Das erste Video folgt im Jänner 2023!

Nach dieser Schönen und gleichzeitig turbulenten Zeit in Norwegen sowie in Schottland, sehnten wir uns nach dem Nachhausekommen. Das Verlangen nach einem gewohnten Umfeld und Zeit mit unseren Freunden und Familie zu verbringen, nahm Ausmaße an, die wir noch nie zuvor empfunden hatten. So schön das Reisen auch ist, nach Hause kommen ist immer noch das Schönste. Und so kamen wir genau ein Jahr nachdem wir mit den Rädern Richtung Norden starteten, wieder in Salzburg an. Wir richteten uns in unserer Wohnung neu ein, verbrachten viele Abende mit Freunden, dachten über die Zukunft nach und begannen, an der Realisation eines neuen Traums zu arbeiten. Zum Glück mussten wir für diesen Traum nicht weit weg. Zuhause zu sein fühlte sich nämlich goldrichtig an.

Das Projekt fassten wir schon lange ins Auge. Noch weit bevor uns bewusst wurde, wie sehr wir das Zuhause sein vermissen. Vermutlich hatten wir insgeheim schon eine Ahnung, dass wir vorerst keine Lust auf ferne Länder haben werden? 

Das Ziel war klar: Wir wollten Österreich kennenlernen. Ein guter Plan, wie wir fanden, denn nach 30 bereisten Ländern wurde es Zeit, die Heimat aus dem Blickwinkel des Abenteuers zu erkunden. Mit dem Fahrrad hätten wir Österreich jedoch in weniger als zwei Wochen durchquert – ein wenig zufriedenstellender Gedanke. Also wollten wir zu Fuß los. Und weil wir gerne naiv an die Verwirklichung unserer Träume heran gehen, entschieden wir uns für die längste Route: 1000km von der westlichsten bis zur östlichsten Grenze. Einmal der Länge nach über den österreichischen Alpenbogen also. 

Auch wenn ein ausführlicher Bericht über diese Zeit noch ausständig ist, können wir euch mit diesem Newsletter schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf jene Geschichten geben, die euch in den Berichten und Videos zu diesen aufregenden zwei Monaten erwarten werden! Aber Achtung! Spoiler-Alarm: Wir haben es durchgezogen. Die ganzen 1000km. Wir könnten platzen vor Stolz.

Die ersten Schritte waren hart. Ständig hielten wir instinktiv nach unseren Fahrrädern Ausschau. „Sollen wir das wirklich alles zu Fuß gehen?“ Dieser Gedanke quälte uns, während wir in der Affenhitze dem asphaltierten Radweg der Ortschaft Bangs entlangspazierten. Die westlichste Grenze Österreichs liegt am Dreiländereck von Österreich, der Schweiz und Liechtenstein. Um sie zu erreichen, fuhren wir mit dem Bus in die winzige Ortschaft Bangs, etwas außerhalb von Feldkirch gelegen, und stapften die letzten zwei Kilometer bis zur Grenze. 

Da standen wir also. Nicht mehr ganz so überzeugt von der Idee und dem Weg, der vor uns lag. Die Euphorie der Vorbereitungsphase wie weggeblasen. Wir standen vor dem Schild mit der Aufschrift „Republik Österreich“ und unternahmen alles, um den Start hinauszuzögern. Wir plauderten mit vorbeikommenden Radfahrern, blickten sehnsüchtig zu deren Fahrrädern und wir begannen unsere Jause auszupacken – alles nur, um nicht losgehen zu müssen. Doch irgendwann gaben wir uns einen Ruck. „Komm schon, auf geht´s!“

Es ging los. Von nun an sollten wir jeden Tag marschieren. Stundenlang. Anfangs noch über asphaltierte Radwege, dann über die ersten grünen Hügel, bis wir immer tiefer in die hohe Berglandschaft der Alpen eintauchten. Jeden Abend fielen wir mit müden Beinen, zerdrückten Füßen, schmerzenden Schultern und tausend neuen Eindrücken ins Bett. Wir kamen an Orte, die auf unseren Radreisen als unerreichbar galten, wo wir keiner Menschenseele begegneten und deren Schönheit uns mit Ehrfurcht erfüllte. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. „Warum sind wir eigentlich jemals mit dem Rad gefahren?“ 

Das Weitwandern hatte unser Herz erobert (wenngleich wir durch das Wandern die Vorteile des Radreisens noch mehr zu schätzen lernten). Jeden Tag wurden wir kräftiger, der Rucksack etwas leichter (das bildet man sich zumindest ein), die Etappen weniger furchteinflößend und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten größer. Der Kalorienverbrauch schoß in die Höhe und wir versuchten willig (aber wenig erfolglos) mit Erdnussbutter und Kartoffelpüree unser Gewicht zu halten. Reinis Wanderhose sah bald so aus, als hätte er sie zwei Nummern zu groß gewählt. (Wir wurden für die Tour übrigens von dem österreichischen Sportbekleidungshersteller Löffler ausgestattet und unterstützt! Darüber haben wir uns ganz arg gefreut. Ein Hersteller, dessen Firmenphilosophie wir sehr begrüßen und dessen Produkte wir absolut empfehlen können. Mehr zu unserer Ausrüstung veröffentlichen wir aber noch.)

Natürlich gab es auch Tiefpunkte. Einige sogar. Die Tour war geprägt vom Kranksein – gefühlt war ständig einer von uns beiden so „am Semmerl“, dass wir nicht mehr weitergehen konnten. In den zwei Monaten mussten wir ganze 10 Tage mit starken Erkältungen im Bett verbringen. (Das Saddle Stories-Wort des Jahres: Virus.) Nicht besonders einfach für den Kopf und die Motivation. Außerdem mussten wir aufgrund schlechten Wetters und des kurzfristigen Wintereinbruchs im September viele geplante Bergetappen mit langweiligen Etappen im Tal ersetzen. Und trotzdem würden wir wieder den Herbst für diese Tour wählen. Schaut euch diese Herbstfarben im Nationalpark Gesäuse an!

Mehr wollen wir aber noch nicht verraten. Denn über unsere Weitwanderung durch Österreich werden wir noch ganz ausführlich berichten. Ausrüstungsdetails, Routenempfehlungen, Erfahrungsberichte – Habt noch etwas Geduld mit uns, aber die Infos werden folgen. Wer sich für die finale Route interessiert, findet die einzelnen Etappen bereits auf Komoot (Collection folgt). Zum Abschluss noch eine kleine Österreich-Weitwander-Statistik:

🥾1.021 Kilometer

🏔34.500 Höhenmeter

📅 50 Etappen

🕞245 Stunden Gehzeit

🇦🇹 6 Bundesländer

🗻 2974m = höchster Punkt der Reise

⏯18 Tage Pause

🤧 davon 10 Tage mit Erkältungen im Bett

🦌 1 Hirsch in freier Wildbahn gesichtet

🦶2 Blasen an den Füßen (yay!)

💰4.544€ für 2 Personen ausgegeben 

Huch, da schlummern viele Ideen in unseren Köpfen! So viel verraten wir schon mal: Wir werden im Jahr 2023 sowohl mit den Rädern als auch zu Fuß unterwegs sein. Vorwiegend in Europa. Und es wäre uns eine Ehre, wenn ihr uns auch im nächsten Jahr virtuell begleitet!

Wir wünschen euch allen von Herzen ein gutes neues Jahr mit vielen Träumen, Ideen und Abenteuern!

Angi & Reini